Lebensbildung hat hohen Stellenwert

Ute Schäfer (SPD), NRW-Landesministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport.

"Es gibt eine Menge Weichen, die die neue Landesregierung stellen muss, damit wir bei der außerschulischen Bildung, also in Kindergärten und in den Familien, Fortschritte machen, stellte sich eine charismatische Landesministerin Mittwochabend in der Villa Post vor. Die Ministerin für Familie, Kinder, Kultur und Sport war zu Gast bei der Veranstaltungsreihe "Vorwärts – SPD Hagen trifft Ute Schäfer".

"Lebensbildung nennt Ute Schäfer gerne das weite Feld, für das sie in Düsseldorf die Verantwortung übernommen hat. Denn neben den Schulen trügen besonders die Familien, die Kindertagesstätten, Sportvereine und die Kulturschaffenden mit ihren Einrichtungen in den Städten einen Großteil dazu bei, dass Kinder und Jugendliche auf ihrem Lebensweg mutig, selbstbewusst und gebildet voranschreiten können und eben nicht von der Gesellschaft zurückgelassen werden und so wiederum für immense Kosten sorgen.

Viele Kinder wachsen in Armut auf

"Immerhin", so die Ministerin, die selbst als Lehrerin tätig war, "wachsen ein Viertel unserer Kinder in Armut auf." Vererbt werde in diesem Zusammenhang aber nicht nur so oft genug die finanzielle Situation, sondern auch die Bildungsarmut. Daher setze die Landesregierung auch auf kostenfreie Bildung vom Kindergarten bis zur Uni. Dass dieses Vorhaben bei leeren Kassen nicht von heute auf morgen umzusetzen sei, daraus machte die Ministerin ebenso wenig ein Geheimnis wie aus der Bewertung der Arbeit ihrer Vorgänger. Das KiBiz (Kinderbildungsgesetz), das CDU und FDP den Kindertagesstätten beschert haben, sei Mumpitz, so Ute Schäfer.
"Wir suchen nicht nur nach einem neuen Namen, sondern auch nach neuen Konzepten", erläuterte Ute Schäfer einem interessierten Publikum. Ziel sei die Beitrasgsfreiheit in allen Kommunen. Zunächst solle aber das dritte Kindergartenjahr für die Eltern kostenlos sein. Dass das Land dafür ebenso wie für die personelle Aufstockung der U-3-Kindertagesstätten mit Kinderpflegerinnen neue Schulden machen muss, ist für Ute Schäfer kein Kritikpunkt. "Ich bin diese Diskussion, vor allem mit Blick auf die Bankenkrise und den Milliarden, die von heute auf morgen ohne große Diskussion zur Verfügung gestellt wurden, leid. Die Banken, so die Erklärung für das schnelle Handeln, seien systemrelevant. Ich sage, unsere Kinder und Jugendlichen sind systemrelevant. Denn die Zukunft unseres Landes geht jeden Morgen durch diese Kitatüren."

Kein Geld vom Land für das Hagener Theater

So wollte die Ministerin in diesem Zusammenhang auch nicht veschweigen, dass sie die Gehälter der Bankvorstände gerne auf 500 000 Euro im Jahr einfrieren würde. "Ich hätte zugestimmt", scherzte darauf hin Ex-Sparkassendirektor Klaus Hacker aus dem Publikum heraus. Hagens oberster Kämpfer für den Erhalt des Stadttheaters erfuhr zudem, dass es speziell für das Hagener Theater über die Einmalförderung von 4,5 Millionen Euro für alle NRW-Theater hinaus keine Unterstützung geben werde. "Wir haben keine Theaterkrise, wir haben eine Finanzkrise der Kommunen. Die müssen wir entlasten", argumentierte die Ministerin.
So wurde bei der anschließenden Diskussion der Ansatz, mehr Geld in die Bildungskette zu investieren, um nicht später mit noch mehr Geld soziale Schieflagen korrigieren zu müssen, begrüßt. Doch für hoch verschuldete Kommunen wie Hagen, so der Einwand von Gerd Steuber, Leiter des Fachbereichs Jugend- und Soziales im Rathaus, sei das nach der heutigen Gesetzeslage kaum möglich. "Wir geben mittlerweile 25 Millionen Euro für die Hilfe zur Erziehung aus. Wir dürfen aber kein Geld für präventive Maßnahmen ausgeben, weil die freiwillig wären." Auch in diesem Fall seien Weichen zu stellen, die die Kommunen von diesem unsinnigen Zwang befreiten. Wie der SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg zu berichten wusste, werde im Innenministerium von Ralf Jäger zurzeit ein Gesetzentwurf vorbereitet, der die Ausgaben der Städte eben nicht nur wie bislang praktiziert in freiwillige Maßnahmen und Pflichtaufgaben unterteilt. "Es sollen die Begriffe Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zum Tragen kommen und den Kommunen somit mehr Freiraum bei ihren Ausgaben lassen, so Jörg.

Von Andreas Reitmajer, Westfälische Rundschau.